Kommission veröffentlicht überarbeitete Leitlinien für die Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit | Fieldfisher
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Insight

Kommission veröffentlicht überarbeitete Leitlinien für die Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit

06.06.2023

Locations

Germany

Die Europäische Kommission hat am 1. Juni 2023 die neuen Horizontal-Leitlinien sowie Gruppenfreistellungsverordnungen für Forschung und Entwicklung und Spezialisierungsvereinbarungen veröffentlicht. Diese treten am 1. Juli 2023 in Kraft. Fieldfisher wird dazu in Kürze auf Deutsch und Englisch ausführliche Zusammenfassungen bereitstellen. Außerdem wird fieldfisher am 22. Juni 2023 ein Webinar anbieten, in dem wir Interessierte durch die Änderungen führen. Ein erster Überblick:
 


Betroffenes Verhalten

Die Dokumente regeln die folgenden Themenbereiche in Bezug auf Wettbewerber(kooperationen):

  • Informationsaustausch
  • Gemeinsamer Einkauf
  • Forschungs- und Entwicklung (FuE)
  • Spezialisierung
  • Vermarktung
  • Nachhaltigkeit
  • Standardsetzung
 

Überarbeitete Dokumente

Die Kommission hat die folgenden Dokumente überarbeitet:  

Erläuternde Dokumente

Dazu hat die Kommission die folgenden erläuternden Dokumente veröffentlicht:  
 

Überblick der Kommission zu den wesentlichen Änderungen

Die Kommission gibt den folgenden Überblick zu den aus ihrer Sicht wichtigsten Änderungen:
 
  • Ausweitung des Anwendungsbereichs der Gruppenfreistellungsverordnung für Spezialisierungsvereinbarungen auf weitere Produktionsvereinbarungen, die von mehr als zwei Parteien geschlossen wurden. Die überarbeiteten Vorschriften sehen ferner eine flexiblere Berechnung der Marktanteile bei der Anwendung der Gruppenfreistellung vor. Sie enthalten auch spezifische Leitlinien für deren Anwendung.
  • Größere Klarheit und Flexibilität bei der Berechnung der Marktanteile im Rahmen der FuE-Gruppenfreistellungsverordnung und neue Leitlinien für deren Anwendung. Mehr Bedeutung erhalten durch die überarbeiteten Vorschriften insbesondere der Schutz des Innovationswettbewerbs, vor allem wenn keine Marktanteile berechnet werden können. In diesem Zusammenhang werden die Befugnisse der Kommission und der nationalen Wettbewerbsbehörden betont, den Rechtsvorteil der Freistellung in einzelnen problematischen Fällen zu entziehen.
  • Aktualisierung des Einleitungskapitels der Leitlinien durch Berücksichtigung der jüngsten Rechtsprechung zu Schlüsselbegriffen wie aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, potenzieller Wettbewerb, bezweckte und bewirkte Beschränkungen sowie Nebenabreden. Dieses Kapitel enthält auch neue Leitlinien zur Anwendung von Artikel 101 AEUV auf Vereinbarungen zwischen Gemeinschaftsunternehmen und ihren Muttergesellschaften sowie ausführliche Hinweise zur Anwendung der Leitlinien auf Vereinbarungen über Zusammenarbeit in mehr als einem Tätigkeitsbereich (z. B. Produktion und Vermarktung).
  • Neuer Abschnitt über Vereinbarungen über die gemeinsame Nutzung der Mobilfunkinfrastruktur, der im Kapitel der horizontalen Leitlinien für Produktionsvereinbarungen die jüngste Durchsetzungspraxis widerspiegelt. Die neuen Orientierungshilfen enthalten die für die Beurteilung solcher Vereinbarungen relevanten Faktoren und eine Liste von Mindestvoraussetzungen, die die Unternehmen erfüllen müssen, um das Risiko eines Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln zu verringern.
  • Erweiterung und Präzisierung des Kapitels der Leitlinien über Einkaufsvereinbarungen, um der jüngsten Fallpraxis Rechnung zu tragen. In der Überarbeitung wird die Unterscheidung zwischen Kartellen, die aus gemeinsamen Einkaufsregelungen bestehen, und Käuferkartellen erläutert. Ferner wird klargestellt, dass unter den gemeinsamen Einkauf auch Regelungen fallen, bei denen die Käufer die Kaufbedingungen gemeinsam aushandeln, aber dann unabhängig voneinander einkaufen. Außerdem wird möglichen wettbewerbswidrigen Auswirkungen auf die vorgelagerte Angebotsseite mehr Raum gegeben und werden Orientierungshilfen zu bestimmten gemeinsamen Verhandlungstaktiken, einschließlich der vorübergehenden Einstellung von Bestellungen, gegeben.
  • Erweiterung des Kapitels der Leitlinien zu Vermarktungsvereinbarungen durch Aufnahme eines neuen Abschnitts über Bieterkonsortien und Orientierungshilfen für die Abgrenzung zu Angebotsabsprachen.
  • Umstrukturierung und Erweiterung des Kapitels der Leitlinien zum Informationsaustausch, um der jüngsten Rechtsprechung und Durchsetzungspraxis Rechnung zu tragen. Das überarbeitete Kapitel enthält zusätzliche Hinweise zu folgenden Themen: i) Konzept der sensiblen Geschäftsinformationen ii) Arten des Informationsaustauschs, die bezweckte Wettbewerbsbeschränkungen darstellen können iii) potenzielle wettbewerbsfördernde Auswirkungen von Datenpools iv) indirekte Formen des Informationsaustauschs, einschließlich „Hub-and-Spoke“-Vereinbarungen v) wettbewerbswidrige Signalgebung durch öffentliche Bekanntmachungen vi) praktische Maßnahmen, die Unternehmen ergreifen können, um Verstöße zu vermeiden, wie z. B. Beschränkung des Umfangs des Austauschs, Einsatz von „Clean Teams“ oder unabhängigen „Trustees“ und öffentliche Distanzierung
  • Änderung des Kapitels der Leitlinien zu Normenvereinbarungen, um die Anforderung einer offenen Beteiligung am Normungsprozess flexibler zu gestalten. In dem überarbeiteten Kapitel wird ferner i) klargestellt, dass die Offenlegung eines kumulierten Höchstsatzes für Lizenzgebühren durch die Parteien einer Normenvereinbarung nicht wettbewerbswidrig ist, und ii) die Verpflichtung der Teilnehmer, einschlägige Rechte des geistigen Eigentums offenzulegen, näher erläutert.
  • Neues Kapitel zu Nachhaltigkeitsvereinbarungen, um klarzustellen, dass die Kartellvorschriften Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern, mit denen ein Nachhaltigkeitsziel verfolgt wird, nicht entgegenstehen. Die neuen Orientierungshilfen umfassen eine weit gefasste Definition von Nachhaltigkeitszielen auf der Grundlage der Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und verschiedene Beispiele für Nachhaltigkeitsvereinbarungen, die in der Regel nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 101 Absatz 1 AEUV fallen. Die neuen Vorschriften bieten auch einen nicht zwingenden geschützten Bereich für Normenvereinbarungen für die Nachhaltigkeit, sofern bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Ferner wird klargestellt, wie eine Nachhaltigkeitsvereinbarung freigestellt werden kann, indem die Arten von Vorteilen beschrieben werden, die berücksichtigt werden können. Außerdem umfasst das neue Kapitel hypothetische Beispiele, die die Anwendung von Artikel 101 AEUV veranschaulichen sollen. Das neue Nachhaltigkeitskapitel erinnert Unternehmen, die eine Nachhaltigkeitsvereinbarung schließen wollen, auch daran, dass sie die Kommission um informelle Orientierungshilfen ersuchen können, um die Einhaltung der EU-Wettbewerbsvorschriften sicherzustellen. Solche Orientierungshilfen können den im neuen Nachhaltigkeitskapitel dargelegten allgemeinen Analyserahmen ergänzen.
 
 

Praxishinweis

Die neuen Regelungen sind für Unternehmen von großer Relevanz. So finden sich neue Regelungen zur Anwendbarkeit des Kartellrechts auf das Verhältnis von Muttergesellschaften und Gemeinschaftsunternehmen, zur Abgrenzung von legalen Einkaufskooperationen und illegalen Einkaufskartellen, zur Bildung von Konsortien sowie zu Konstellationen wie Hub and Spoke und Signaling wie auch zum Einsatz von Clean Teams in Transaktionen.

 

Spezialgebiete

Kartellrecht